Gefühlsechte Kunst?

Was können wir sehen, hören, fühlen, riechen, schmecken? Gibt es fünf Sinne oder noch einen sechsten? Oder gar zwölf wie Anthroposophen glauben?  Und wie nehmen wir Kunst wahr? Mit den Augen und den Ohren, aber kaum mit der Nase und schon gar nicht durch Schmecken. Und Anfassen ist zumindest in den meisten Museen tabu. Die Sonderschau „Von Sinnen“ in der Kunsthalle Kiel widmet sich der Frage, inwieweit die sinnliche Erfahrung einen eigenen künstlerischen Wert darstellt und erlebbar ist…  So hat etwa der Wiener Künstler Heribert Friedl mit Silhouetten von Baumstämmen an den Wänden des größten Raums einen olfaktorischen „Forest“ kreiert  –  Walddüfte, die sich durch Kratzen entfalten und an den einstmals begrünten Ort, auf dem heute die Kunsthalle steht, erinnern…Verführerischer ist das Depot „Ausschnitt“ von Sonja Alhäuser. Von ihren süßen Riesenpralinen aus Schokolade, Marzipan, Popcorn, Buttermilch und weiteren Zutaten darf jeder kosten, sogar von der täuschend echten Bordüre….

Quo vadis Kunst?

Wie lebt es sich von der Kunst? – Existentielle Gedanken, die nicht die Prominenz, wohl aber die Mehrheit der Kunstschaffenden betreffen. Wir fragten einige zufällig ausgewählte Künstler nach ihrer Sicht auf das Metier. Begonnen hat unsere Erkundung mit jenen, die überwiegend auf  Leinwand bzw. Papier arbeiten. Könnte es sein, dass auch und gerade die Auseinandersetzung mit diesem scheinbar konservativen Material allgemein längst verworfene Keime einer Avantgarde trägt: das präzisere Sehen, das Entdecken? – Unsere Fragen gingen so weit natürlich nicht, in einer Zeit, da die beschreibenden Begriffe oft zu Metaphern ausgehöhlt scheinen – und die merkantilen Versprechen des Neuartigen ebenso oft abgenutzt, von Beginn an als gealtert erscheinen.  – Wir fragten:  Was bewirken oder verdrängen die vielen einander teils nivellierenden Kunstinszenierungen, wie wirken sie auf die strategischen Möglichkeiten des einzelnen Künstlers ein? Und dann die alte, schon wieder neue Frage: Kann Kunst gesellschaftskritische Anliegen transportieren, die nicht aus ihr selbst, ihrem virtuellen Raum kommen, sondern ihr oktroyiert werden? Was bewegt dieser erweiterte Kunstanspruch heute noch, wenn er  – wie auf der diesjährigen Documenta mit viel Zustimmung  –  beispielsweise  Natur, Technik, Wissenschaft und Bild symbolhaft zusammenstellt? …

Ein Wüstenwanderer erzählt

Zu Fuß und mit Kamelen durchquerte der Abenteurer und Autor Achill Moser  25 Wüsten der Welt. Die geheimnisvollste aller Landschaften, die er dabei entdeckte, ist seine eigene innere Seelenlandschaft. Denn „jede Reise in die Wüste ist eine spirituelle Reise“. Im Interview erzählt er, wie und warum ihn die Wüste bewegt…  und was ihn daran fasziniert: „Schon früh habe ich erfahren, dass man in solchen Regionen einen unglaublich großen Erkenntnisreichtum erlebt.  Mich hat vor  allem die monochrome Region, diese überschaubare Weite gereizt. Ich mag dieses „Reduziert-sein“. Deshalb suchte ich schon als junger Mensch nach anderen Lebensweisen, die möglicherweise für mich die richtigeren wären… „

Glücksritterinnen

Das Migranten-Kino ist in deutschsprachigen Einwanderungsländern heute kein Randphänomen mehr. Viele der Nachwuchsfilmer und Drehbuchautoren erzählen vom Aufbruch in der Fremde, vom Zurücklassen ihrer Heimat und der Suche nach neuen Ufern. Die sechs Russinnen aus dem mit dem new Berlin Film award 2011 prämierten besten Dokumentarfilm „Glücksritterinnen“ haben meist Glück gehabt. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist das Leben in Russland für die Menschen zum Überlebenskampf geworden. Die drohende Staatspleite, Kriminalität und fehlende Ausbildungschancen brachten viele Mütter dazu, ihre Töchter in den Westen zu schicken, in der Hoffnung, ihnen so zu einem besseren Leben zu verhelfen. CU(L)T unterhielt sich darüber mit der Regisseurin des Films, Katja Fedulova …

Wim Wenders

…Sein Vater war ein leidenschaftlicher Hobby-Fotograf, der Bilder schuf, die an die frühen Fotos eines Ansel Adams erinnern. In der väterlichen Dunkelkammer wurde das Interesse des siebenjährigen Ernst Wilhelm (Wim) Wenders für die Fotografie geweckt … Die Maler Jan Vermeer, Edward Hopper und Max Beckmann wurden seine großen Vorbilder, weil sie ein „sehr ausgeprägtes Gefühl für Raum und Komposition“ besaßen. Diese Sensibilität für besondere Orte und malerische Kompositionen ist nicht nur in Wim Wenders‘ Filmen, sondern auch in seinen Fotografien zu spüren. Sie spiegeln die unterschiedlichen Beobachtungen eines neugierigen und rastlosen Reisenden wider…

Niki de Saint Phalle

Mit ihren leuchtend bunten Polyester-Plastiken, insbesondere ihren Nanas, wurde sie international berühmt. Diese Frauenbilder haben innerhalb der modernen Kunst die ebenso herausragende wie isolierte Position der französisch-amerikanischen Künstlerin Niki de Saint Phalle begründet. Ihre Bildwelt schert sich nicht um gängige Schönheit, Gediegenheit oder Harmonie, sondern sie ironisiert gesellschaftliche Normen. Trivialkunst und Kitsch stehen ebenso Pate wie hehre Größen der Kulturgeschichte, Boulevardpresse und Comic. Ein faszinierendes Werk, dessen Wurzeln allerdings in einer frühen persönlichen Katastrophe liegen. „Ich umarme die Kunst als meine Erlösung und Notwendigkeit“…

Cindy Sherman

Ihre Karriere als herausragende Künstlerin der inszenierten Fotografie begann mit der Suche nach der eigenen Identität. In einem Katalog unterzeichnete die 1954 in New Jersey geborene Cindy Sherman alte Jugendfotos mit dem Satz „that’s me“. Bereits als kleines Mädchen begeisterte sie sich speziell für die hässlichen und finsteren Charaktere ihrer Lieblingsmärchen. So verkleidete sie sich nicht als Prinzessin, sondern als alte Frau, Hexe oder Monster. In der Fotografie konnte sie die Idee der Kostümierung umsetzen, indem sie den eigenen Körper einsetzte. Das Fotostudio wurde zur Bühne inszenierter Fotografie, ihr Körper zum Träger der Bildinhalte…

„Imperium“-Debatte

Ach, es war eine Tour in den Untergang, diese Reise in die Natur, beladen mit Ideologie und ihrem lauernden Fanatismus, die August Engelhardt zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die Südsee unternahm.. Das Ziel war eine Kokosplantage auf der Insel Kabkon in Deutsch-Neuguinea (heute Papa-Neuguinea). Engelhardt hatte das Stück Land auf Kredit gekauft, um sich hinfort ausschließlich von Kokosnüssen zu ernähren und nackt dort herumzulaufen und die heimische Bevölkerung, die noch Muschelgeld als Zahlungsmittel kannte, gegen realen Lohn zur Arbeit auf seiner Plantage anzuleiten.. Christian Kracht hat aus dem realen Sujet einen Roman gemacht, gut geschriebenen auf dem doppelten Boden filmisch anmutender Szenenmontagen… Weil sein Romanheld zuletzt, durch diverse Enttäuschungen und Krankheiten gegangen und von der Kokosdiät bis zur Unkenntlichkeit abgemagert, den Verstand fast vollends verliert und unvermittelt rassistische und womöglich auch faschistische Wahnideen äußert, wurde der Autor in der Presse eben dieser Vorstellungen bezichtigt…

Passage 2011

….Es nennt sich „Passage 2011“ : Zwei Münchner Künstler und Alpinisten bauen ein fünf Meter langes und zwei Meter hohes, 150 kg schweres Glasfaserboot und ziehen es mit bloßen Händen über die  Alpen  bis zur Biennale von Venedig. Eine Schiffs(tor)tour, die den Aktionisten physisch und mental alles abverlangt. In  drei Wochen wollen sie den Alpenhauptkamm mit ihrer Boots-Skulptur überqueren, dabei 1500 Höhenmeter überwinden  und nach den Strapazen  ihren feuerroten Begleiter in der Lagune von Venedig zu Wasser lassen....

Mona Hatoum

…Als Mona Hatoum nach einem Grafik-Studium endlich beschließt, Künstlerin zu werden, reist sie von Beirut nach London. Doch als sie zurückkehren will, eskaliert der Bürgerkrieg im Libanon, und der Heimweg ist ihr versperrt. So bleibt sie im Exil und studiert sechs Jahre an  Londoner Kunsthochschulen. Nach einer Zeit des freien Experimentierens findet die Künstlerin bereits zu einer konsequenten Formensprache, die sich aus der Minimal Art und der Konzeptkunst entwickelt hat…