Mein Körper und ich

Körpergefühle sind optisch schwer zu definieren.  Die österreichische Künstlerin Maria Lassnig versucht sich darin schon seit über sechs Jahrzehnten. Das tut sie nicht narzisstisch, sondern in einer zu Bildern geronnenen Gefühlssprache, die das Bewusstsein mit kritischer Distanz erkundet. In den oft verblüffend einfachen Zeichnungen verschmelzen subjektive Körperlichkeit mit objektiver Dinglichkeit. Gliedmaßen verwandeln sich in Gegenstände mit Witz und Selbstironie. Die anatomische Grenze scheint aufgehoben, Identität fraglich geworden. Stattdessen nehmen die intimsten Ängste, Wünsche, Zwänge und Fantasien Gestalt an.  Aus einer physischen Dynamik heraus malt die Künstlerin großformatige innere Visionen ihrer Selbst  durch unmittelbar körperliche auf das Bild übertragene Meditation. So erarbeitet sie sich ihre Gemälde nicht nur vor der Leinwand stehend,  sondern auch im Liegen, Sitzen oder sich auf sie stützend. Oft schließt sie beim Malen die Augen, um ihre Empfindungen wie Trauer, Freude oder Glück oder auch Druck- Spannungs- und Ausdehnungsgefühle besser zu spüren und zu visualisieren. Nach außen gestülptes Innenleben beherrscht auch die Aquarelle, deren Farben Maria Lassnig so definiert: „Die Stirne bekommt eine Gedankenfarbe, die Nase eine Geruchsfarbe… es gibt Quetsch- und Brandfarben, Todes- und Verwesungsfarben, Krebsangstfarben   –  das sind Wirklichkeitsfarben.“

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