Pionierin des Tanztheaters

Von Wuppertal aus ging eine Revolution aus, die den Tanz weltweit emanzipierte und neu definierte. Pina Bausch (1940-2009) verband erstmals den Tanz mit den Genres Gesang, Pantomime, Artistik und Schauspiel zu einer neuen Kunstgattung. Der weltweite Erfolg beruhte darauf, dass sie ein universelles Bedürfnis zu ihrem Kernthema machte: das nach Liebe, nach Nähe und Geborgenheit. Daraus entwickelte sie ein Welttheater, das nicht belehrt, sondern beglückende oder traurige, sanfte oder direkte, und immer wieder auch komische und skurrile Erfahrungen generiert. Es sind bewegte und bewegende Bilder innerer Landschaften, die aufs Genaueste die menschliche Gefühlslage erkunden. Pina Bausch konfrontierte die Ensemblemitglieder zunächst mit Fragen, Aufgaben und Stichworten. Jede am Entstehungsprozess des Stückes beteiligte Person antwortete darauf mit Worten oder Bewegungen, Gesten oder Szenen. Aus diesem Sammelsurium kombinierte die Choreografin unterschiedlichste Puzzleteile immer wieder neu, bis daraus eine stimmige und emotionale Komposition entstand. Pina Bausch: „Mich interessiert nicht, wie Menschen sich bewegen, sondern was sie bewegt.“ In den über 36 Jahren, in denen Pina Bausch die Wuppertaler Arbeit bis zu ihrem Tod geprägt hat, hat sie ein Werk geschaffen, das einen unbestechlichen Blick auf die Wirklichkeit wirft und zugleich Mut macht, zu den eigenen Wünschen und Sehnsüchten zu stehen. Diesen Maßstab wird ihr einzigartiges, persönlichkeitsstarkes Ensemble auch in Zukunft erhalten.

Hymne an die Natur

Die bisher größte, jemals außerhalb der USA präsentierte Retrospektive der wegweisenden Pionierin der amerikanischen Kunst des 20. Jahrhunderts, Georgia O’Keeffe (1887-1986), zeigt in der Tate Modern in London über 100 prägnante Werke von insgesamt 221 Objekten, darunter auch Fotografien und biografische Notizen, der berühmten Malerin. Dass sie primär durch ihre Kunst bekannt werden wollte, nicht als Frau, die Kunst macht, offenbart dieses Zitat: „Männer tun mich als die beste weibliche Malerin ab. Ich denke, ich gehöre zu den besten Malern.“ Vor allem im Dialog mit O’Keeffes kreativsten Zeit von 1925 bis 1963 – knapp 50 Jahre ihrer Karriere, in der sie über tausend Kunstwerke schuf – werden Leben und Werk dieser außergewöhnlichen Frau anschaulich. In farbenkräftigen Gemälden von Blumen, Wüstenlandschaften und Tierschädeln entdeckte sie ein Universum von Werden und Vergehen, von Sinnlichkeit und Tod. Blüten in schwelgerischen Farben und Formen, in leinwandfüllender Direktheit suggerieren Weiblichkeit und Erotik. Doch die Künstlerin wies jeden Gedanken an sexuelle Symbolik in ihren Bildern von sich…

Mit Christo auf Wasser wandern

Es war das Kunst-Happening des Jahres 2016: die Floating Piers im italienischen Lago d’Iseo, ein kilometerlanger Laufsteg, auf dem Menschen im Sommer in Scharen übers Wasser wandern konnten. 16 Tage lang war Christos spektakuläres Kunstwerk für jedermann zugänglich. Selbst bis Mitternacht pilgerten die Besucher über die mit unzähligen Lichtern illuminierten Piers und posteten begeistert ihre Eindrücke im Internet. Und alle Welt sah zu, wie die Menschen barfuß über schimmernde Stoffbahnen wandern, radschlagende Kinder die schwimmenden Pontons zum Turnen nutzen und andere an einigen Stegen die Sonne genießen und sich zum Baden hinablassen. Inzwischen ist alles abgebaut, die 206.000 Hohlraumwürfel, 100.000 Quadratmeter Stoff und 190 Anker sind recycelt. Sein Großprojekt kommentierte der bulgarisch-amerikanische Verpackungskünstler lakonisch: „Es geht ums Laufen, um alle Sinne, das Gefühl unter den Füßen, die Luft, die Feuchtigkeit des Stoffs, die Sonnenwärme, das Plätschern der Wellen“. Die Idee, einen künstlichen Pier zu bauen, hatten Christo und seine 2009 verstorbene Frau Jeanne-Claude bereits 1969, nachdem beide die Verpackung des Museum of Contemporary Art in Chicago und der Little Bay in Australien realisiert hatten. Doch manche Pläne dauern Jahrzehnte, bis sie genehmigt und umgesetzt werden können. So wurde das Objekt eines artifiziellen Piers im Rio de la Plata in Buenos Aires damals ad acta gelegt und erst 2016 in Italien verwirklicht…